IV 3) Shankara's Lehren aus unparteiischer Sicht:

Seriöserweise würde man Shankara mal selbst zu Wort gekommen haben lassen und zumindest auf die vorhandene deutschsprachig vorhandene (warum eigentlich nicht auch Englischsprachige, nachdem der "euorpäische Gerichtshof für Menschenrechte" doch eh nur auf Englisch und Französisch verhandelt?) Werke des Shankara hingewiesen haben.

1975 gab es in deutscher Sprache zumindest:

  • "Das Kleinod der Unterscheidung", Übersetzung aus dem Jahre 1957, die im Otto Wilhelm Barth-Verlag, einer GmbH, in München-Planegg erschien und mit einer Einleitung von einem Swami Prabhavananda und Christopher Isherwood.
  •  
  • Die Sūtra's des Vedānta: oder die Çârîraka-Mîmâṅsâ des Bâdarâyaṇa : nebst dem vollständigen Commentare des Çañkara, aus dem Sanskrit übersetzt von Professor Paul Deussen, F.A. Brockhaus, 1887; siehe: https://opacplus.bsb-muenchen.de/title/BV007134706 - (die zweite Auflage erschien 1920, lt. www.archive.org)
  •  
  • "Das System des Vedânta: nach den Brahma-Sûtra's des Bâdarâyaṇa und dem Kommentare d. Çañkara über dieselben als ein Kompendium der Dogmatik des Brahmanismus vom Standpunkte des Çañkara aus", Prof. Dr. Paul Deussen, zweite Auflage, Leipzig, F.A. Brockhaus, 1906 (siehe zB.: https://opacplus.bsb-muenchen.de/title/BV008483637 )

Englischsprachige Literatur gab es wesentlich mehr.

Darunter viele Übersetzungen von Upanishaden zu welchen es einen Kommentar von Shankara gab.

(Auch die Bhagavad Gita mit dem Kommentar von Shankara?)

Auch einige der kleineren Schriften hätte es gegeben.

Pfarrer Haak schrieb auf Seite 16, wie schon zitiert, daß aus der Shankarcharya-Tradition missionierende Organisationen wie die "Ramakrishna Mission" hervorgegangen seien. Vegleiche Seite 16 in [30].

 

Ok, dann sieht man sich eben zB die Biografie betreffs Swami Vivekananda von Swami Nikhilananda ("Vivekananda Leben und Werk" von Swami Nikhilananda, Drei Eichen Verlag München 60 + Engelberg /Schweiz, deutsche Bearbeitung von Spengler-Zomak aus dem Jahre 1972) mal an:

 

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...

Eine der bemerkenswertesten Niederlassungen, die Swami Vivekananda gründete, war der Advaita-Ashram in Mayavati in den Vorbergen des Himalayas.

Seit seinem Aufenthalt in den Schweizer Alpen war in dem Swami der Wunsch gewachsen, ein Kloster in der Einsamkeit des Himalayas zu erbauen, wo der Nicht-Dualismus gelehrt und in seiner reinsten Form geübt werden sollten

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Seite 261 in [5]

 

Desweiteren heißt es dazu in der erwähnten Biografie über Vivekananda:

 

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...

Religiöse Sucher, ohne Rücksicht auf Glaubensbekenntnis und Rasse, waren im Kloster Mayavati willkommen. Keine äußere, zeremonielle Gottesverehrung war innerhalb seiner Grenzen gestattet. Sogar die formale Verehrung Sri Ramakrishnas war ausgeschlossen. 

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Seite 262 in [5]

 

Und damit ist man dann deutlich beim Unterschied zwischen der Herangehensweise eines Professor Deussen oder auch Richard Garbe sowie Anderer und jener des - selbsternannten oder auch von einem "evangelisch-lutherischen" Landesbischof ernannten - "Guruismus-Experten" Pfarrer Haak angelangt:

Im "Kapitel XVI. Der Vedânta des Çañkara."" schreibt Prof. Paul Deussen in "Allgemeine Geschichte der Philosophie I.3, 4. Auflage, Leipzig, F.A. Brockhaus, 1922" ab Seite 579 über Advaiata:

Vorab erläutert Prof. Deussen:

 

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...

Drei Sätze sind es, wie oben I, 2, S. 357 fg. nachgewiesen, in denen die Lehre des Yâjñavalkya (was auch immer sich unter diesem Namen verbergen mag) gipfelte:

1. der Âtman ist unerkenbar;

2. der Âtman allein ist real;

3. der Âtman ist die Seele in uns.

Diese drei Sätze, richtig verstanden, haben und behalten für alle Zeit den Wert unverlierbarer metaphysischer Wahrheiten.

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Seite 580 in [37]

Auf Seite 582 heißt es dann:

 

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Freilich war es für Çañkara keine leichte Aufgabe, aus den älteren Upanishad's (denn nur dieser scheint er anzuerkennen) ein in sich zusammenstimmendes Ganze aufzubauen, da diese Texte in Theologie, Kosmologie und Psychologie voll härtester Widersprüche sind.

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Seite 582 in [37]

Weiter heißt es auf dieser und der folgenden Seite:

 

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In dieser Verlegenheit hat Çañkara einen Ausweg gefunden, welcher alle Schwierigkeiten löst und für ähnliche Verhältnisse als vorbildlich zu gelten geeignet ist. Er unterscheidet eine exotherische, theologische, für die Fassungskraft der Menge berechnete und eine esoterische, philosophische, den strengsten Anforderungen des Denkens genügende Lehre, oder, wie er gewöhnlich sagt, eine niedere Wissenschaft (aparâ yidyâ), welche unter ihrem weiten Mantel alle jene fantastischen Schilderungen vom Wesen des Brahman, von der Weltschöpfung und der Seelenwanderung befaßt, und die höhere Wissenschaft (parâ vidyâ), welche in der Theologie die Unerkennbarkeit des Brahman, in der Kosmologie die Nicht-Realität der Welt und in der Psychologie die Identität der Seele mit dem Brahman lehrt, somit zu jenen 3 Sätzen zurückgreift, welche wir oben als die drei Grundpfeiler des Yâjñavalkya hervorhoben, und welche den eigentlichen Kern des in den ältesten Upanishad-Texten vorgelegten Idealismus ausmachen. In ihnen liegt nach Çañkara die ewige Wahrheit beschlossen, alles übrige erklärt er als Akkomodation des Veda an die Fassungskraft der Menschen, nur daß diese Akkomodation nach ihm eine bewußte ist, während es in Wahrheit vielmehr die auf das empirische Gebiet beschränkte Fassungskraft der Menschen ist, welche jene metaphysischen Wahrheiten in den Bereich des für sie Verständlichen herabgezogen haben.

So gelang es Çañkara, ein theologisch-philosophisches Lehrgebäude zu errichten, welches in seinen beiden Formen gleicherweise der Fassungskraft der Menge wie den Anforderungen des philosophischen Denkens Genüge leistet und in Indien bis auf den heutigen Tag die Grundlage des geistigen Lebens für alle diejenigen bildet, welche das Bedürfnis empfinden, ihr religiöses Fühlen mit ihren philosophischen Überzeugungen in Einklang zu bringen. Allerdings ist die Form, in welcher Çañkara seine Gedanken entwickelt hat, eine für uns ungewohnte.

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Seite 582 und 583 in [37]

(Anno 2021 gibt es nun zahlreiche Werke von Shankara in deutscher Übersetzung und so ist es insofern nicht schwierig, sich selbst ein Bild zu machen und Shankara selbst zu Wort kommen zu lassen.)

Auch über Shankara's Enthusiasmus bei der Verbreitung jener Lösung des "Advaita" welche er gefunden hatte, schreibt Prof Deussen durchaus in einem seiner Bücher. Auf der Basis des bemüht unparteilichen, wissenschaftlich-objektiven und fairen Bemühens des Professor Deussen meint und bedeutet das offenbar etwas grundlegend Anderes, als das was Pfarrer Haak schrieb:

 

 

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...

so erstand in Indien schon siebenhundert Jahre vor Luther der große Reformator Çañkara (geb. 788 p.C.), welcher, wie das sein Wirken verherrlichende Werk Çañkara-dig-vijaya,"Çañkara's Eroberung der Himmelsgegenden", berichtet, das weite Indien lehrend und streitend durchzog, die Irrlehren, voran die des Sâñkya-Systems und des Buddhismus, mit einer an Luther erinnernden Heftigkeit auf's bitterste bekämpfte und den alten Brahmanismus in Indien wiederherstellte, indem er ihn nur auf die Çruti, d.h. auf die geheiligten Texte der Upanishad's gründete und der Smṛiti oder Tradition nur so weit Autorität zugestand, als sie die Upanishadlehre ergänzte, ohne derselben zu widersprechen.

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Seite 581 und 582 in [37]

 

(Im Übrigen hatte auch Gaudapada bereits Advaita gelehrt; siehe Mandukya-Upanishad, u.a. in "60 Upanishads des Veda", Prof Deussen , [2]. )

Professor Deussen fügt dann seinen Vorbemerkungen zu "XVI Der Vedânta des Çañkara" einen Abschnitt betreffs "Das Vedântasystem nach den Sûtra's des Bâdarâyaṇa und dem Kommentar des Çañkara über diesselben" seine etwas modifizierte "kurze Übersicht der Vedântalehre" (Seite 585 in [37]) an, welche auf den Seiten 587 bis 614 in [37], (dh in Prof. Paul Deussen, "Allgemeine Geschichte der Philosophie I.3, 4. Auflage, Leipzig, F.A. Brockhaus, 1922) zu finden ist.

Professor Deussen ergänzt dies anschließend noch um einen weiteren Abschnitt, nämlich "Der Vedântasâra des Sadânanada". (Seiten 639 bis 670) in [37]). Zu diesem Text schreibt Professor Deussen:

 

 

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Zum Abschluß unserer Darstellung des Vedântasystems und damit unserer 35 Jahren der indischen Philsophie zugewandten Bemühungen wollen wir noch ein Vedântawerk aus späterer Zeit behandeln, den Vedântasâra des Sadânanada, welcher von allen Vedântaschriften, wohl die am meisten gelesene ist und wegen der Klarheit und Präzision ihrer Form wie auch ihres geistvollen Inhaltes diese Bevorzugung durchaus verdient

...

 

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Seite 615 in [37]

Nunja, so - unvoreingenommen, fair, objektiv, wissenschaftlich - kann man sich mit Shankara, Vedânta & co offenbar auch befassen.

Interessanterweise gibt es auch noch eine Übersetzung von Sadananda's Vedantasra, welche Otto von Boethlingk anfertigte und herausgab; das Buch ist nahezu komplett in Sanskrit geschrieben; allerdings gibt es nunmal 1 Kapitel in deutscher Sprache (in der Ausgabe dieses Buches von 1845 war dieses Kapitel in deutscher Sprache noch nicht enthalten siehe: https://opacplus.bsb-muenchen.de/Vta2/bsb10572535/bsb:8287605?queries=Vedantasara&language=de&c=default; Das Vorwort von Otto von Boethlingk ist in deutscher Sprache; Otto von Boethlingk hatte es für die zweite Auflage nunmal - wie es auf Seite 3 auch heißt - "gänzlich umgearbeitet") : Siehe Kapitel "XXI. SADĀNANDA’S VEDĀNTASĀRA" in:

 

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Sanskrit-Chrestomathie

HERAUSGEGEBEN

von

Otto Böhtlingk

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zweite, gänzlich umgearbeitete Auflage.

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St. Petersburg, 1877.

Commissionäre der K a i s e r l i c h e n Akademie der Wissenschaften

in St. Petersburg: in Riga: in Leipzig;

Eggers & co, J. Issakoff, J. Glasunoff; N. Kymmel; Leopold Voss.

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Preis: 1Rbl. 45 Kop. = 4 Mark 80 Pfen.

 

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zum "Online-Lesen" zu finden in der Bayerischen Staatsbibliothek, München, Ludwigstraße via: https://opacplus.bsb-muenchen.de/Vta2/bsb11358232/bsb:8193190?queries=Vedantasara&language=de&c=default

Das gibt es auch wie folgt:

digitalisiert von Google; Sammlung americana; das Buch ist aus der Sammlung der "University of Michigan".

siehe zB: https://archive.org/details/sanskritchresto01bhgoog/page/n263/mode/2up - Link vom 20.3.2021 -; die Seite 279 ist leider im Google-Scan unleserlich; in der "Online-Lesen"-Ausgabe der bay. Staatsbibliothek ist jene Seite allerdings in Ordnung.

Eine andere Fassung dieses Buches wurde 2016 von "the Internet Archive" digitalisiert und ist ebenfalls in www.archive.org aufzufinden (Sammlung: wellcomelibrary; ukmhl; medicalheritagelibrary; europeanlibraries Digitizing sponsor Wellcome Library): In dieser Ausgabe von https://archive.org/details/b28743635/page/n3/mode/2up von 1845 ist aber SADĀNANDA’S VEDĀNTASĀRA noch nicht enthalten gewesen.

(Man findet diese 2 Bücher auch bei "www.forgottenbooks.com" per https://www.forgottenbooks.com/en/search?q=Sanskrit-Chrestomathie&w=t&l=10&Y=0&y=9999&P=0&p=9999&V=0&v=9999&i=0&g=0)

Otto von Boethlingk's Übersetzung von Sadānanda’s Vedāntasāra findet man dann auch in der, von Richard Garbe überarbeiteten, Fassung von 1909:

Auf Seite 287 findet man "XXIII. Sadānanda’s Vedāntasāra" in

"Otto Böhtlingk‘s Sanskrit-Chrestomathie, dritte verbesserte und vermehrte Auflage, Herausgegeben von Richard Garbe, Leipzig, H-Haessel Verlag, 1909", was von mir benutzt wird.

(Einen Scan gibt es aus der Sammlung: "digitallibraryindia; JaiGyan"; Die Quelle des Buches ist lt. www.archive.org: Digital Library of India Item 2015.406287 und es ist erreichbar zB per:

https://archive.org/details/in.ernet.dli.2015.406287/page/n296/mode/1up - Link vom 20.3.2021- )

Otto von Böthlingk's nüchtern-sachliche Übersetzung bietet - im Vergleich - weitere Sicherheit für die Zuverlässigkeit der Bereitstellung jenes Wissens über Vedānta für den deutschen Sprachraum.

Im Übrigen weist Professor Deussen auf den Seiten 593 bis 596 in seiner allgemeinen Geschichte der Philosophie, Bd. I.3 bereits darauf hin, daß es da auch jene zwei Standpunkte gibt, jenen des "Empirischen" und des "Metaphysischen"; er schreibt dazu:

 

 

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Zum Nachteile der Klarheit und Konsequenz wird diese Zweiheit der Standpunkte in Kosmologie und Psychologie nicht überall streng gewahrt. Das System stellt sich im allgemeinen auf den metaphysischen Standpunkt und vernachlässigt den empirischen, ohne doch demselben seine realtive Berechtigung abzusprechen und absprechen zu können, weil er für die aparâ vidyâ der Eschatologie die unentbehrliche Vorraussetzung ist

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Seite 493 und 494 in [37]

 

 

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...

; und in der Psychologie steht durchweg die metaphysische Lehre der Identität von Brahman und Welt im Vordergrunde und wird einem Gegner gegenüber verteidigt, welcher im allgemeinen den für die Eschatologie des Systems unentbehrlichen empirischen Standpunkt vertritt,

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Seite 494 in [37]

 

 

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...

Doch läßt sich, durch die Kombinatiom gelegentlicher und zerstreuter Äußerungen, ein gesicherteres Bild auch für diese Seite des Systems gewinnen.

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Seite 494 in [37]

 

Professor Deussen's Feststellung erinnert etwas an die Situation von TM-Ausübenden, die pragmatisch die positiven Erfahrungen während der TM-täglichen ca 20-30 Minuten morgens und abends ihrer Ausübung der TM-Meditationstechnik "empirisch" nunmal nicht leugnen können und den Standpunkten von Pfarrer Haak, gewissen Richtern, gewissen Parteien und der von ihnen mitunter gebildeten Regierungen.

Es sei in diesem Zusammenhang noch Folgendes, auch an dieser Stelle, eine Aussage von Swami Shantanand Saraswati betreffs TM-Meditationstechnik erwähnt, da er die TM-Meditationsmethode als "Zentralschlüssel zum Wissen des Vedanta" bezeichnet, sodaß ein klarer Zusammenhang zu Professor Deussen's Bemühungen zum Verständnis des Vedânta beizutragen und der TM-Meditationsmethode von diesem Shankaracharya erwähnt oder auch behauptet wurde bzw als Ansatz zum Verständnis der TM- Meditationsmethode geboten wird.

 

 

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...

Im Jahr 1961 kam er zu einem der TM-Lehrerausbildungskurse des Maharishi in Rishikesh und sprach zu den Auszubildenden; er beschrieb die Meditationsmethode als den "Zentralschlüssel zum Wissen des Vedanta": "Es gibt andere Schlüssel, aber ein Universalschlüssel reicht aus, um alle Riegel öffnen zu können".

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Paul Mason: The Maharishi: the biography of the man who gave transcendental meditation to the world. Shaftesbury, Dorset 1994, ISBN 1-85230-571-1 (english). Deutsche Übersetzung: Maharishi Mahesh Yogi: die Biographie, Aquamarin Verlag, Grafing, 1995, ISBN 3-89427-071-3

 

Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Shankaracharya_Shantanand; Link vom 14.3.2021.

Bei Richard Garbe heißt es in "Indische Reiseskizzen"( zweite Auflage, Oskar Schloß Verlag München-Neubiberg, 1925) zu Shankara u.a. wie folgt:

 

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Es ist nicht leicht eine allgemeine Schilderung von den Pundits zu entwerfen, da die Individualität bei ihnen ein nahezu ebenso maßgebenden Faktor ist, wie in der übrigen Welt; doch wird sich noch eine Reihe weiterer gemeinsamer Züge nennen lassen. Im Großen und Ganzen hat der Pundit keine eigentliche Religion, sondern eine Philosophie; er glaubt wie jeder gebildete Hindu an das System des Vedanta, das sich in Kürze so darstellen läßt: Das Brahman, das große Eine, die ewige unendliche Kraft, durch die, aus der und in der das Weltall ist, Götter, Menschen, Tiere, Pflanzen und Leblosen, hat an sich weder Formen noch Unterschiede noch Eigenschaften. Alle Verschiedenheit, der ganze Weltenschein (Maya) mit seinen zahlosen Gestaltungen, ist ein Werk der Avidya, des angeborenen Wahnes, der das Unwirkliche für wirklich hält und das einzig wahrhaft Seiende nicht erfaßt. Dieses Nichtwissen wird vernichtet durch "das Wissen", vermöge dessen man erkennt, das das eigene Selbst, d.h. das innerste Selbst, in Wahrheit nichts anderes ist als das Brahman, nicht ein Teil von Ihm, sondern das ganze unteilbare Brahman; mit einem Worte, vermöge dessen man sich als die Welt erkennt und die Welt als sich. Mit dieser Erkenntnis ist die Befreiung gewonnen; der Schleier, der die völlige Identität des Brahman und des scheinbar Einzelnen verhüllte, ist zerrissen; der qualvolle Kreislauf der Existenzen, das Auf und Nieder auf der Stufenleiter der Wesen, das Ergebnis des guten und bösen Tuns in den verschiedenen Daseinsformen, ist zu Ende. Dies sind die Grundzüge der Orthodoxie der höheren Brahmanen. In dieser Weise ist das älteste, wegen seiner aphoristischen Kürze an sich unverständliche Lehrbuch des Vedanta-Systems, das Brahma-Sutra, von dem berühmten Philosophen Shankara gedeutet, der um 800 n. Chr. gelebt hat. Andere Auslegungen sind im Laufe der Jahrhunderte aufgetreten, in denen dem Brahman ein persönlicher Charakter zugeschrieben und das Verhältnis der individuellen Seelen zu ihm etwas anders aufgefaßt wird. Diese anderen Deutungen, unter denen die maßgeblichste die des Ramanudscha aus der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts (n. Chr.) ist, haben Anhänger gewonnen und zählen solche noch heute, keine aber spielt annährend die Rolle im geistigen Leben des Brahmanentums, wie die eben gegebene Auslegung des Schankara.

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von Seite 59 und 60 in [38]




 

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